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„Ghettogardening“: Graswurzel wörtlich genommen

Zur Bekämpfung der wachsenden Armut in den USA entstehen seit den 1990ern inmitten der Slums amerikanischer Großstädte sogenannte „Community Gardens“. Eine Initiative der Notwendigkeit verschiedener Selbsthilfegruppen, denn ein Drittel der amerikanischen Bevölkerung ist mit Not und Elend konfrontiert. Statistisch gesehen leiden 10 % davon sogar Hunger. Ein greifendes Konzept der US-Regierung ist außer Reichweite, Unterstützung der unterversorgten, sozial schwachen Schicht Utopie. Für die Bewohner jener Ghettos wird die ewige Krise als Chance begriffen. Sozialabenteurer, in New York gerne „Artists“ oder „Activists“ genannt, bestellen zusammen mit den Kids aus den Ghettos, in der Mehrheit farbige Jugendliche oder Migrantenkinder, urbane Brachen mit frischem Gemüse. Ein erster Schritt zur Wiederherstellung des innerstädtischen Friedens und zur Resozialisierung der ausgeschlossenen Gesellschaft. Jene Subsistenzlandwirtschaft scheint sich auch in Deutschland durchzusetzen. In den „schrumpfenden“ Städten des Ostens einschließlich Berlins entstehen immer mehr derartiger interkultureller Gemeinschaftsgärten. Bürgerinitiativen wie die „Gartenpiraten“ oder die „Rosa Rose“ lassen brachliegende Hinterhöfe zu gewinnträchtigen Nutzflächen erblühen. Im Neuköllner Reuterkiez wurde für rund 300 Kinder zwischen den dichtbesiedelten Häuserblocks auf ca. 3000 Quadratmetern Fläche ein ökologisch ausgerichteter Natur-Spiel-Garten errichtet. Das Ziel ist die Förderung der Umweltbildung von Kindern und Jugendlichen. Der Weg aus der Perspektivlosigkeit scheint geebnet zu sein. Der grünen Überlebensgarantie allerdings stehen mächtige Baukonzerne gegenüber. In Friedrichshain müssen die ersten Gärten einem Wohnkomplex weichen. Die Gegenwehr der aufgebrachten Bürgerschaft wurde im Keim erstickt. Ein Grashalm wächst aber auch durch Beton ...

→ Dieser Beitrag erschien in zeitgeist-Printausgabe 28 (1-2008).