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Die acht Kristallsysteme und ihre Bedeutung im Kontext von Typologien

Auftaktbeitrag zur gleichnamige Serie

Von WALTER VON HOLST

Versuche, den Menschen – seinen Charakter und sein Verhalten – zu typisieren, existieren zuhauf: westlicher und östlicher Herkunft, auf die Physiognomie ausgerichtete, wie z. B. die Carl Huters (vgl. zeitgeist-Ausgaben 4-1999 sowie 4-2000, 1-2001 und 2-2001), die Säftelehre, die der vier Temperamente oder die drei Doshas aus dem Ayurveda. Dann psychologische Ansätze wie die Fritz Riemanns oder C. G. Jungs, heilkundliche wie die Arzneimitteltypen der Homöopathie und nicht zuletzt diejenigen, die viele eher der Esoterik zuordnen (z. B. die Astrologie oder das Enneagramm). Im Allgemeinen könnte man sagen, dass nahezu jeder Erkenntnisweg den Menschen interpretiert, bewertet und katalogisiert – kurz: bewusst oder unbewusst ein typologisches System nutzt.

Die Vorteile typologischer Systeme liegen auf der Hand: Dem Betrachter steht die Welt geordneter gegenüber. Sinn entsteht, Zusammenhänge werden deutlich. Was vorher chaotisch, zufällig, launenhaft erschien, wird als Verhaltensweise erklärbar, ja vorhersagbar. Die Gefahr, der jede Typologie unterliegt, ist ebenso offenkundig: Anstelle des unmittelbaren direkten Erlebens tritt die distanzierende, trennende Interpretation. Allgemein gefürchtet ist das Schubladendenken, das jede lebendige Regung sogleich einzuordnen weiß und damit geistig abtötet. Doch bevor nun vor-schnell alle Typologien als lebensfeindlich abgeurteilt werden, sollte man sich verdeutlichen, dass rational zugängliche Systeme auch ermöglichen, genauer hinzusehen und sich länger mit dem Erlebten auseinander zu setzen. Dies wiederum setzt übergeordnete Motive und geeignete Unterscheidungskriterien voraus. Definierte Begriffe klären den Geist, richten die Aufmerksamkeit aus und setzen Prioritäten.

Definierte Begriffe klären den Geist, richten die Aufmerksamkeit aus und setzen Prioritäten

Noch fast gänzlich unbekannt ist die Typologie der Kristallsysteme. Gegen Ende der 80er-Jahre begann der Steinkundler Michael Gienger, überlieferte Deutungen von Edelsteinen zu überprüfen, indem er Mineralien über Wochen bei sich trug und sein Verhalten, seine Vitalität und innere Einstellung dem Leben, sich selbst und anderen gegenüber beobachtete. Veränderungen, die sich einstellten, notierte er und versuchte sie aus der Natur der Steine heraus zu verstehen. Dabei entdeckte er, dass der Gradient innerer Ordnung, wie er sich in den Kristallstrukturen naturgewachsener Mineralien offenbart, im Lebensbild eines Menschen Entsprechungen aufweist. Ein hochgeometrisch geordneter Stein schien beispielsweise zu bewirken, dass sein Besitzer auch ordentlicher wird.

Nachdem Gienger einige grundlegende Unterscheidungsmerkmale der Kristallsysteme zusammengetragen hatte, bemerkte er, dass es Menschen gibt, die selbst ohne den Einfluss der Steine exakt einem bestimmten Kristallsystem entsprechen. Dieses Ordnungssystem hatte demnach über das Mineralreich hinaus Bedeutung. Das bewog ihn in der Folge, aus jedem der insgesamt acht Kristallsysteme – kubisch, hexagonal, trigonal, tetragonal, rhombisch, monoklin, triklin und amorph (siehe auch Abb.) – einen entsprechenden Persönlichkeitstypus abzuleiten. Auch Edward Bach, der Entdecker der Bachblüten, teilte seine 38 Mittel in acht Gruppen auf, deren Charakteristika Charakteristika augenfällige Übereinstimmungen mit den Themen der Kristallsysteme aufweisen.

Das Kristallsystem entscheidet beim Wachstum der Mineralien über die Anordnung der Atome im Molekulargitternetz, ähnlich wie die Formatierung einer Festplatte bestimmt, welche Daten wo abgelegt werden. Der Strukturtypus entscheidet folglich darüber, wie ein Mensch sich selbst organisiert. So weit, so gut. Doch was macht die acht Typen so unverkennbar? Gibt es auch Mischtypen? Wie kann man selbst erkennen, welchem Kristallsystem man am ehesten entspricht? Kann sich der Strukturtypus im Laufe der Jahre und in Abhängigkeit der Umgebung wandeln? Und welche Bedeutung hat das Wissen um das eigene Kristallsystem im Alltag? Fragen, auf die in den kommenden zeitgeist-Ausgaben anhand der acht Strukturtypen Antworten gesucht werden sollen.

→ Dieser Beitrag erschien in zeitgeist-Ausgabe 2-2004.

 

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